Endlich Zeit zum Schmökern! Wer sich am Samstag noch in den Innenstadt-Trubel stürzen möchte, bekommt hier Cassionautentipps für Bücher, die auch an Ostern Spaß machen.
Monstertanz im Mittelalter
Damien Kempf ist Mediävist und Spezialist für alte Handschriften, Maria L. Gilbert Senior Writer des J. Paul Getty-Museums. Im März erschienen ist ihr Bilderbuch Medieval Monsters. Illuminierte Handschriften und mittelalterliche Reiseliteratur-Bestseller halten dabei als Quelle für Abbildungen monströser Kreaturen ebenso her wie fromme Texte, das Ergebnis passt in keine seriöse Arche: Einhörner, Drachen, Wale mit Füßen, apokalyptische Kreaturen, Greife, militärisch engagierte Riesenhummer und Zwergdämonen, die dem Schreibenden am Gewand zupfen, wenn er sich doch konzentrieren mag. Auf 96 Seiten hopsen rülpsende, grinsende und kreischende Viecher, begleitet von informativen englischen Kurztexten zu ihrer Herkunft und Mythologie. Nicht alle der Racker haben Unterhosen an und einige Teufel quälen ihre Klienten grafisch explizit, doch ältere Kinder und Erwachsene werden Spaß an dem Band haben. – Vorsicht: Wenn man das Monsterbüchlein durchblättert, will man es möglicherweise behalten. Am besten ist es, man gönnt sich ein zweites Exemplar gleich selbst.
Britta Peters
Damien Kempf, Maria L. Gilbert: Medieval Monsters. Mit einem Essay in englischer Sprache. The British Library, 2015. 10,90 €.
Von knallharten Kätzchen
Das Fest der possierlichen Tiere ist da! Häschen aus Schokolade, Küken aus Fondant und Schäfchen aus Gelee zieren das Osternest. Warum also nicht den Zoo erweitern mit dem zuckersüßen Kätzchen John Blacksad?
Die Comic-Reihe Blacksad (seit 2000, Band Fünf in 2014) des spanischen Duos Juan Díaz Canales und Juanjo Guarnido enthält spannende Detektivgeschichten mit tierischen Charakteren. In erstklassigen Bildern entwirft der Szenarist Guarnido Einblicke eine fiktive Welt, in der Katzen und Schäferhunde die Cops und Echsen die Bösewichter von morgen sind. Jede Figur trägt animalische Gesichtszüge und verhält sich doch menschlich. John Blacksad ist der Protagonist der Reihe, ein abgehalfterter Detektiv in Gestalt einer schwarzen Katze mit Trenchcoat und Zigarette im Mund. Gute Kriminalgeschichten treffen auf detaillierte, atmosphärische Bilder. Blacksad verdrängt kalorienreichere Artgenossen zu Ostern souverän: Wer den ersten Band Irgendwo zwischen den Schatten gelesen hat, wird schnell zu den vier weiteren bisher erschienenen Bänden greifen.
Anika Lehnert
Juanjo Guarnido, Juan Díaz Canales: Blacksad. Band 1–5. Carlsen, 2000–2014. Je Band 16,- €. Empfohlen ab 12 Jahren.
Ostern der Kunst gewidmet
Nicht selbstbemalte Ostereier sind hier gemeint, sondern die Werke von Giovanni Segantini – der versteht es, mit Bildern zu beeindrucken, auf denen er Landschaften und Menschen in einer faszinierenden Weise darstellt. Asta Scheib widmet sich diesem Künstler in ihrem Roman Das Schönste, was ich sah und schildert sein Leben, das nicht nur der Malerei gewidmet war. Scheib schreibt über die Liebe in Segantinis Leben und gewährt Einblicke in Ereignisse, die ihn “Wut und Schmerz” in seiner Kindheit fühlen ließen: „Abends lag Giovanni unter seiner dünnen Decke und wusste nicht, welches seiner Gefühle stärker war: der Hass auf den Vater oder die Furcht vor Irene. Dann wieder fühlte er gar nichts, wollte nur schlafen, einfach weg sein.“
Das Schönste, was ich sah ist ein Roman, der hinter die Kulissen eines Künstlerlebens sieht, ohne den Blick für die Schönheit seines Schaffens zu verlieren.
Kim Uridat
Asta Scheib: Das Schönste, was ich sah. dtv. 2014 (11. Auflage), 9,95 €. E‑Buch: 8,99 €.